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Auf Abwegen

Eine Besonderheit unserer Unterkunft verdient noch eine Erwähnung: Wir wurden gebeten, unsere Schuhe direkt an der Eingangstür auszuziehen und barfuß durch die Lobby und die Treppe empor zu den Zimmern zu laufen. Laut Schild wäre das in Island so üblich. In einem Wohnhaus halte ich es für selbstverständlich, aber in einem Hotel? Nunja, wir hatten ja Badelatschen mit, denn der Steinboden war doch ziemlich kalt.

Wie die Überschrift schon andeutet, verließen wir kurz hinter Staðarskáli den Ring, um durch das Tal Laxárdalur nach Búðardalur zu kommen. Nach der Bewältigung dieser gut zu fahrenden Schotterstrecke beginnt unsere Snæfellsnes-Rundfahrt. Die Halbinsel ist, landschaftlich gesehen, ein Island im Kleinen. Die Nordküste ist geprägt von Fjorden, an der Westspitze liegt auf einem 1440 m hohen Vul-kan der Snæfellsjökull, ein Gletscher, der bei gutem Wetter auch von Reykjavik aus zu sehen sein soll. Hier finden sich zahlreiche Lavafelder, derweil die Südküste von Sandern und landwirtschaftlich genutzten Flächen geprägt ist. Zwischen Nord- und Südküste zieht sich ein Bergrücken bis zum Westende.

Unterwegs stoßen wir auf einen sehr interessanten Wanderweg. Laut Karte geht er quer durch ein Fjord, in der Realität brückt hier eine Stromleitung denselben. Ob sich ein Wanderer wirklich daran langhangeln soll?

Unser erster Zwischenstopp auf Snæfellsnes ist Stykkishólmur. Bei einem Stadt- rundgang besichtigen wir den Hafen und die interessante Kirche, deren weißer Turm schon von sehr weit zu sehen ist. Von hier ist es nur ein kurzer Weg zum Helgafell. Entsprechend einem alten Volksglauben beginnen wir den Aufstieg auf diesen 73 m hohen Basalthügel am Grab von Guðrún Ósvífursdóttir. Wenn man diesen Aufstieg zum ersten Mal macht, sich währenddessen nicht umdreht und nicht spricht, sollen drei Wünsche in Erfüllung gehen. Die Voraussetzung: Es müssen gute Wünsche sein, die man für sich behalten muss und vor dem Aufstieg mit Blick nach Osten formuliert.

Entlang der Nordküste geht es immer weiter westwärts. Das Wetter ist wieder super, es weht zwar ein kühler starker Wind, aber es ist keine bzw. kaum eine Wolke am Himmel über uns. Auch auf dem Meer liegt kein Nebel, der Horizont ist eine absolut klare, scharfe Linie zwischen hell- und dunkelblau. Hinter der Kehre um den Búlandshöfði erhaschen wir einen ersten Blick auf den Snæfellsjökull und das ihm zu Füßen liegende Ólafsvik. Auf dem ganzen Weg kommen wir an vielen kleineren und größeren Wasserfällen vorbei.

Zwischen Rif und Hellisandur liegt sehr viel Geräusch in der Luft. Hier nistet eine der größten Kolonien von isländischen Küstenseeschwalben. Wir betrachten sie aus der Nähe und können uns etwas weiter bei Felsklippen nicht entscheiden, ob die hier zu findenden gelbschnäbligen Vögel nicht doch Seemöven sind. Die offizielle „Straße“ 579 bringt uns durch ein Lavafeld nach Önðverðarnes, dem westlichsten Punkt von Snæfellsnes und unserer Islandtour. Straße ist allerdings übertrieben, diese einspurige Piste ohne Randstreifen ist wohl auch für Geländewagen anspruchsvoll. Sagte ich schon, dass Bodenfreiheit in Island das A und O ist? Ein einradgetriebener Polo würde reichen, sofern er denn höhergelegt ist, am Besten um 50 cm.

Mit nur je einem Aufsetzer auf der Hin- und Rücktour, dummerweise an derselben Stelle, bewältigen wir auch diese Etappe. In Önðverðarnes laufen wir am Leuchtturm vorbei und stoßen auf die mit Brunninn Falki bezeichnete Höhle. Mangels Taschenlampen können wir uns nicht weiter vorwagen und machen uns auf die Rücktour durchs Lavafeld. Insgesamt kostet uns die Tour von knapp 20 km eine Stunde Zeit und jede Menge Sprit. Kurz vor dem rettenden Asphalt halten wir noch an Skarðsvik. Hier liegt ein altes Wikingergrab, aber noch mehr interessiert uns der Strand. Er ist nicht schwarz, sondern scheint 1:1 gemischt mit einem weißen Strand zu sein. Mittlerweile ist der Tag schon weit fortgeschritten, sodass wir beschließen, die weitere Fahrt entlang der Südküste nach Borgarnes etwas zu beschleunigen. Aus dem Auto heraus, wenn auch im Stand, betrachten wir die Felstürme Lóndrangar, die vermutlich erhärtete Schlote eines Vulkans sind.

Nach der Durchquerung des Búðahraun-Lavafeldes besteht für mich die Möglichkeit, an einer Kreuzung den Bjarnarfoss in digitale Informationen umzuwandeln. Der Rest der heu-tigen Tagesstrecke über Staðarsveit und das Eldborg-Lavafeld vergeht dank des guten Asphalts schnell, wenn wir anscheinend auch für Isländer zu langsam fahren. Zwischendurch müssen wir mal wieder eine italienische Wohnmobilkolonne überholen. Diese besteht zum Glück nur aus drei Fahrzeugen, die bisher längste Kolonne umfasste derer zehn. In Borgarnes treffen wir nach ungefähr 300 Kilometern abseits des Rings wieder auf die Straße Nummer 1.

Als Fazit der heutigen Tour ist zu sagen, dass die Snæfellsnes-Halbinsel ihren eigenen mehrtägigen Urlaub verdient. Gemessen an unserer Karte haben wir viele Sehens- würdigkeiten links und rechts liegen lassen, auch die Unmenge an ausgeschilderten Wanderwegen lädt zu einem näheren Kennenlernen ein.

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